Durch meinen ungeplanten und unvorbereiteten Einstieg in die Kunst – getrieben durch eine qualitative Erwartungshaltung – ergriff ich das „Werkzeug“ KI.
Meine Erfahrungen sind vielfältig.
Zuerst war da Verwunderung und Erstaunen darüber, welches Ergebnis eine einfache Eingabe hervorruft. Mit Worten Bilder erzeugen. Vorstellungen in Ergebnisse umwandeln. Gefühle in Bilder speichern.
Dann stieß ich schnell auf Grenzen – viele verschiedene. Zuallererst auf darstellerische Grenzen: Die KI „darf“ manches nicht darstellen. Darunter fallen Darstellungen von Gewalt, Missbrauch, gefährdeten Kindern oder diskriminierende Szenarien. Auch Inhalte, die „triggern“ könnten, werden prinzipiell unterdrückt. In einer ersten Idee wollte ich einen Künstler zeigen, der mithilfe eines Spiegels seine eigene Retina bemalt. Da Gegenstände am Auge – ganz nah – bei (anscheinend) vielen Menschen Unwohlsein verursachen, wurde das „abgelehnt“.
Hier zeigt sich der erste Unterschied zwischen „Kunst“ und „KI-Kunst“: Das Werkzeug ist unfrei. Anders als traditionelle Werkzeuge der Kunst – Farbe, Pinsel, Kamera, Film, Stein – ist KI ein Medium, dessen Nutzung durch externe Vorgaben stark begrenzt wird. Diese Einschränkungen beeinflussen meines Erachtens nicht nur die Technik, sondern auch die künstlerische Freiheit.
Aus Sicht der Betreiber geht das „Können“ mit Verantwortung einher. Ein Betreiber kann diese Grenzen ziehen – also steht er in der Verantwortung, ob er es tun sollte oder nicht. Und wie weit diese Grenzen reichen sollen. Hersteller von Stiften können technisch nicht verhindern, dass damit Drohbriefe geschrieben werden. Könnten sie es – wäre es ethisch richtig, diese Grenzen zu ziehen? Könnten Messer erkennen, ob sie Papier schneiden, Eisen oder Menschen?
In meinem Werk „Innen-Leben“ habe ich mich mit meiner Depression auseinandergesetzt. Dabei bin ich immer wieder an diese Grenzen gestoßen – was zu Frustration geführt hat. Die Dunkelheit darf nicht dargestellt werden.
Die Arbeit mit KI ist für mich vergleichbar mit der Arbeit mit einem Hochbegabten, der alles darstellen kann, was er oft genug gesehen hat. Allerdings: gänzlich ohne Absicht, ohne Kreativität – nur 100 % Handwerk. Und in meinem Fall: Ich – gänzlich ohne Handwerk, nur Vorstellung, Anspruch und Idee.
Die nächste Grenze zeigt sich in der Präzision. Die KI ist sehr gut darin zu schätzen, was man gerne sehen würde – bei der Eingabe bestimmter Wörter. Möchte man jedoch etwas Präzises darstellen – etwas, das nicht geschätzt werden kann, sondern exakt stimmen muss, damit es nicht „unpassend“ wirkt oder Störgefühle hervorruft – stößt man auf die nächste Grenze: Spiegelungen. Wird ein Arm falsch dargestellt, fällt alles auseinander. Hier muss es „physikalisch“ stimmen – doch dafür ist die KI nicht gemacht. Auch Perspektive und Textdarstellung stellen die KI vor Herausforderungen. Das Konzept von Buchstaben, Text und Gedanken wird in der Bildgenerierung nicht berücksichtigt. Kleine Störungen haben auf den Betrachter so große Auswirkungen, dass die großartigen Leistungen der KI dagegen verblassen.
Die dritte Grenze betrifft die Kontrolle über Details. Das Bild wird – wenn man es inkrementell bearbeitet – immer wieder als Ganzes neu generiert. Das hat zur Folge, dass Bildteile, die „fertig“ waren, plötzlich falsch dargestellt werden.
Für mich persönlich – nach dieser Erfahrung – sehe ich es zurzeit so: Gemeinsam mit der KI haben WIR etwas geschaffen. Allein hätten wir nicht GENAU dieses Bild gemacht.
Die Bilderstellung mittels KI zum Zwecke einer Ausstellung – was ich getan habe – war für mich eine Herausforderung. Grenzen mussten gebeugt, überwunden werden. Nach dieser Erfahrung sage ich über mich selbst: Ja, ich bin Künstler. KI-Künstler. Ich drücke Gefühle, Ansichten oder Ereignisse bildlich aus.
Das, was ich darstelle, ist handwerklich nicht zu bewerten. Es steht in keinem Vergleich zu dem, was jemand kann, der es gelernt hat – oder jahrelang geübt und sich entwickelt hat. Aber was ich versuche, ist: mich auszudrücken. Und das kann niemand sonst. Für mich ist auch das Kunst. Auch das Handwerk kann ein Level erreichen, auf dem es zur Kunst wird: Handwerkskunst. Oder wenn etwas trotz Hürden erreicht wird und alles gegen einen steht: Überlebenskunst.
Sollte jemand sagen: „Das ist keine Kunst“, widerspreche ich vehement. Sollte es heißen: „Ich finde, das ist keine Kunst“, beginnt eine Diskussion, die uns weiterbringen kann. Denn mich interessiert: Warum ist es für DICH keine Kunst? Was fehlt? Was ist deiner Meinung nach falsch, damit es für dich keine Kunst ist? Und wahrscheinlich werde ich dich anschließend besser verstehen – und auch besser kennen als vor der Diskussion. Auch dafür ist Kunst da: Ein Austausch – trotz unterschiedlicher Ansicht.